Kurz vor dem geplanten Stahlgipfel im Kanzleramt hat Vizekanzler und SPD-Parteichef Lars Klingbeil ein vollständiges Ende aller Stahlimporte aus Russland gefordert. Trotz umfangreicher EU-Sanktionen wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine werden wichtige Vorprodukte, insbesondere sogenannte Stahlbrammen, weiterhin aus Russland in die EU importiert und dort weiterverarbeitet—eine Ausnahme, die Klingbeil deutlich kritisiert. „Man kann keinem Beschäftigten in unserer Stahlindustrie erklären, dass Europa immer noch den Markt für Putin offen hält“, so der SPD-Politiker.
Klingbeil verlangt mehr Entschlossenheit in der Sanktionspolitik: „Es muss schnell ein vollständiges Ende aller Stahlimporte aus Russland geben.“ Hintergrund ist, dass gerade Stahlbrammen als Vormaterialien für Bleche und Bänder bisher von Sanktionen ausgenommen sind.
Branchenkrise und geplante Maßnahmen
Der Stahlgipfel am 6. November 2025, zu dem Bundeskanzler Friedrich Merz Vertreter der Stahlindustrie sowie Ministerpräsidenten betroffener Bundesländer eingeladen hat, steht unter dem Eindruck massiver Herausforderungen für die deutsche Stahlbranche. Neben hohen Energiepreisen und globalem Konkurrenzdruck, insbesondere durch Billigimporte aus China, leidet die Industrie unter erhöhten Kosten für den Umbau zu klimafreundlicher Produktion.
Klingbeil setzt deshalb auf „europäischen Patriotismus“ und fordert mehr heimische Produktion, einen klaren Fokus auf klimafreundlichen Qualitätsstahl aus Deutschland und Europa sowie die gezielte Bevorzugung von inländischem Stahl in zentralen Wirtschaftsbereichen wie Infrastruktur und Automobilindustrie. Zudem sollen mit der Stahlindustrie Lösungsansätze diskutiert werden, darunter ein Industriestrompreis, der die Energiebelastungen gezielt senkt.
EU-Sanktionen und nationale Interessen
Bisherige EU-Sanktionen umfassen zwar zahlreiche Beschränkungen für den Handel mit Russland, lassen aber in Teilbereichen, etwa bei Halbfabrikaten für die Stahlerzeugung, noch Lücken offen. Der Bundesverband der Deutschen Stahlindustrie fordert seit Langem, diese Ausnahmen zu streichen, um Wettbewerbsverzerrungen und die indirekte Unterstützung der russischen Kriegswirtschaft zu verhindern.
Die Bundesregierung stellt sich mit dem Stahlgipfel hinter die Leitbranche, um Arbeitsplätze und Wertschöpfung in Deutschland zu sichern: „Ziel ist, die Stahlindustrie in Deutschland zu erhalten und Arbeitsplätze zu sichern“, betont Regierungssprecher Steffen Meyer. Die Gespräche im Kanzleramt sollen konkrete Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz, Anpassungen bei Handelsbeziehungen und zur Senkung der Energiepreise auf den Weg bringen.
Ausblick
Das Treffen im Kanzleramt wird als wegweisend angesehen, ob und wie die Bundesregierung die Entschlossenheit in der Russland-Politik und die Unterstützung für die heimische Industrie weiter verschärft. Für Klingbeil ist klar: „Wir müssen in wichtigen Bereichen bevorzugt Stahl nutzen, der hier produziert wird.“ Die erwarteten Entscheidungen könnten sowohl den europäischen Kurs gegenüber Russland beeinflussen als auch signalhaft für die Zukunft des Industriestandortes Deutschland wirken.
Quellen
Klingbeil will alle Stahlimporte aus Russland stoppen – spiegel.de
Lars Klingbeil fordert Stopp aller Stahlimporte aus Russland – zeit.de